Dienstag, 28. Juni 2011

28.06.2011 - S21 - Lehnen wir uns mal in aller Ruhe zurück und denken kreativ

Es ist schon faszinierend, wie das Projekt S21 nicht nur in BaWü sondern ja nun schon länger auch die Gemüter in den anderen Bundesländern erhitzt.
Wenn man in aller Ruhe mal das Geschehen um S21 der letzten 24 Monate Revue passieren lässt, dann kann man folgendes festhalten:


1. Es gab eine Schlichtung, in der die Projektgegner sehr erfolgreich aufzeigen konnten, dass die Planungen alles andere als perfekt sind. In der Schlichtung wurde der jetzt vielbesungenen Stresstest beschlossen. Das Problem war von Anfang an, dass die Bahn selbst im Schlichterspruch nicht auf rechtlich durchsetzbare Bedingungen für eben diesen Stresstest festgelegt werden konnte. Dafür gab und gibt es meines Wissens keine rechtliche Grundlage.
2. Der Protest gegen S21 geht nahezu unvermindert weiter. Es gibt weiterhin Montagsdemos und auch an Freitagen kommt es zu Demos. Der Protest gegen das Projekt ist also alles andere als tot - er lebt weiter und wird, je nachdem, was die Bahn halt mal wieder tut, stärker oder schwächer.
3. Die Handlungen der Bahn, der Politiker auf Bundesregierungsebene und der Opposition in BaWü erregen zum Teil die Gemüter der Projektgegener. In meinen Augen fallen viele unnötige Worte, die niemals dazu geeignet sind, die Projektgegner auch nur im geringsten zu besänftigen.
4. Die Projektbefürworter können sich rein rechtlich auf den Standpunkt stellen, dass ja alles mit den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln abgehandelt wurde und sie deshalb im RECHT sind.

Eben jener letzte Punkt aber zeigt mir auf, dass hier irgendwo ein extremes Manko herrscht. Wenn ich schreibe "die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel", dann ist genau dies das Problem.
Es würde von Weitblick und echter Bürgernähe zeugen, wenn die Politiker in Berlin aber auch die Opposition in BaWü akzeptieren könnten, dass mit den Vorgängen um S21 ein Punkt ereicht wurde, bei dem eben diese "zur Verfügung stehenden Rechtsmittel" nicht ausreichen.
Natürlich kann man sich hinstellen und sagen: "Das ist jetzt 'Recht."
Aber was wird so eine Haltung in vielen Bürgern (und nicht nur bei den Projektgegnern) bewirken?
Ich glaube fest, dass so eine Haltung diejenigen, die sie an den Tag legen, irgendwann schwer treffen wird. Sei es durch verlorene Wahlen, sei es durch entgangene Geschäfte, sei es durch andere Umstände, die ich mir heute noch nicht vorstellen kann, die aber deshalb nicht minder real werden können.

In meinen Augen wäre es klüger, eine ganz andere Haltung einzunehmen. Warum nicht S21 zum Anlass nehmen, NEUE und kreative Wege zu gehen im Umgang mit Großprojekten?
Was hindert die Vertreter des Souveräns daran, an S21 ein Exempel zu statuieren? Ich erinnere an den Bankenrettungsschirm. In einer Nacht war alles durch. Das ist doch der Beweis, dass, wenn alle es wollen, auch nahezu Unmögliches möglich ist.
Aber man muss es eben wollen.
Was hindert die Bundesregierung daran, ein Gesetz zu erlassen, das S21 zu einem Sonderfall erklärt. Noch dazu, wo die Bahn sich im Besitz des Bundes befindet.
Das Argument mit den Schadensersatzforderungen von astronomischer Höhe wäre analog zum Bankenrettungsschirm in einer Nacht per Gesetz vom Tisch, wenn die Regierung es will.
Ein Gesetz, dass festlegt, dass ein Bahnprojekt SINNVOLL und KOSTENOPTIMIERT sein muss und das dafür klare und definierte Kriterien festlegt. Ein Gesetz, das sagt, dass ein Bahnhof, der zu seinem korrekten Betrieb einen Eingriff in das Grundwasser benötigt, nicht genehmigungsfähig ist.
Ein Gesetzt, das festlegt, dass ein Bahnhof, der heute gut funktioniert, erst daraufhin untersucht werden muss, wie man seine Leistungsfähigkeit steigern kann OHNE ihn gleich abzureissen.
All das und vieles mehr könnten unsere Volksvertreter andenken und auch umsetzen. Sie würden damit dem deutschen Volk einen großen Dienst erweisen Mindestens einen so großen wie mit dem Bankenrettungsschirm (obwohl man da natürlich durchaus geteilter Meinung sein kann).
Wer jetzt sagt, dass man nicht nachträglich so ein Gesetz erlassen kann, der vergisst, dass es der europäischen Zentralbank eigentlich auch untersagt ist, Staatsanleihen aufzukaufen - und was ist heute Realität?
Von Unmöglichkeit zu sprechen bedarf also einer gehörigen Relativierung.
Vor einem Jahr hat auch noch keiner geglaubt, dass die Laufzeitverlängerung gekippt wird. Unmöglich ist in der Politk also ein Begriff, der durchaus stressfähig ist.
Warum sollten wir den Begriff "unmöglich" nicht auch im Umfeld von S21 einmal einem Stresstest unterwerfen?
Ich bin überzeugt, dass dies eine großartige Chance wäre, weit über S21 hinaus neue und kreative Denkweisen zu noch mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung zu etablieren. 




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